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Aktuelles Spezialthema: Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung
Die Begriffe psychische Belastung und Beanspruchung werden in der europäischen Norm DIN EN ISO 10075-1:2000 (ergonomische Grundlagen bezüglich psychischer Arbeitsbelastung) definiert. Die Definitionen der beiden Begriffe zu kennen ist Voraussetzung, um mit einem gleichen Verständnis unter den betrieblichen SozialpartnerInnen eine Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung (GBUpsyche) durchzuführen. Für ein einfacheres Verständnis beim Unterscheiden der beiden Begriffspaare können hilfsweise auch die Begriffe „Stressoren“ und „Stressreaktionen“ benutzt werden. So wären Stressoren, als innere und äußere auslösenden Bedingungen, psychischer Belastung zu sehen. Als Stressreaktionen könnte man die individuellen Auswirkungen der psychischen Beanspruchungen bzw. der Fehlbeanspruchung bezeichnen.
– Psychische Belastung wird definiert als „Gesamtheit aller erfassbaren Einflüsse, die von außen auf den Menschen zukommen und psychisch auf ihn einwirken“ (DIN EN ISO 10075-1:2000, in: BAuA, Belastungs-Beanspruchungs-Modell).
– Psychische Beanspruchung ist gemäß der Norm „die unmittelbare (nicht die langfristige) Auswirkung der psychischen Belastung im Individuum in Abhängigkeit von seinen jeweiligen überdauernden augenblicklichen Voraussetzungen, einschließlich der individuellen Bewältigungsstrategien“ (DIN EN ISO 10075-1:2000, in: BAuA, Belastungs-Beanspruchungs-Modell).
Die ArbeitgeberInnen sind demnach zur Erfassung und Beurteilung von psychischen Belastungen verpflichtet. Kurz gesagt muss ich als InhaberIn oder oberste Leitung dafür sorgen, dass belastende Aspekte der Arbeitstätigkeiten regelmäßig reduziert werden. Nicht gemeint sind damit jedoch die mannigfaltigen individuellen Beanspruchungsfolgen jedes einzelnen Beschäftigten, dass dies spätestens bei KMU kaum handhabbar sein dürfte.
Die grundlegende Verantwortung für die Sicherheit und Gesundheit im Betrieb trägt der Arbeitgeber bzw. die Arbeitgeberin (auch als „Pflichtadressat im Sinne des Arbeitsschutzgesetzes“ bezeichnet) . Dies gilt für sämtliche Arbeitsschutzerfordernisse, so auch für die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung (GBUpsyche). Er bzw. sie ist verpflichtet, „die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung der Umstände zu treffen, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit beeinflussen“ (§ 3 ArbSchG). In größeren Betrieben kann diese Verantwortung auch an betriebliche Vorgesetzte delegiert werden (durch sog. „Pflichtenübertragung“). Der Kreis der Personen, der neben dem Arbeitgeber Pflichten im Arbeitsschutz hat, wird durch § 13 ArbSchG erweitert. Danach sind neben dem Arbeitgeber verantwortlich:
– sein gesetzlicher Vertreter,
– das vertretungsberechtigte Organ einer juristischen Person,
– der vertretungsberechtigte Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft,
– Personen, die mit der Leitung eines Unternehmens oder eines Betriebes beauftragt sind, im Rahmen der ihnen übertragenen Aufgaben und Befugnisse.
HINWEIS: Eine vollständige Befreiung der Verantwortung der ArbeitgeberIn ist allerdings nicht möglich. Auch bei der Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung bleiben – trotz Delegation – Organisationspflichten, die Pflicht zur Auswahl geeigneter Personen (z.B. Fachkraft für Arbeitssicherheit, ArbeitspsychologIn, etc.) sowie die Pflicht zur Überwachung und Kontrolle immer erhalten.
Vielleicht haben sie es bereits mitbekommen. Es handelt sich jeweils um ein funktionales Akronym. Drei der oben genannten Buchstaben bleiben stets gleich und werden lediglich in ihrer Reihenfolge getauscht. Daher zunächst ganz kurz zu den Buchstaben: Health (Gesundheit), Safety (Sicherheit) und Environment (Umwelt). Dabei handelt es sich um Spezialthemen im Betrieblichen Gesundheits- und Arbeitsschutz, meist in größeren mittelständischen Unternehmen oder Konzernen. Daher gibt es keinen Unterschied zwischen HSE, EHS und SHE, sie repräsentieren alle dasselbe. Die Zusammenfassung der 3 Bereich zu einer betrieblichen Funktion (z.B. HSE-ManagerIn) macht Sinn, weil neben der inhaltlichen Nähe, insbesondere die Steuerungsanforderungen bei allen Themen sehr ähnlich sind. Für jedes der 3 Spezialthemen gibt es eigene ISO-Normen, welche aus immer der selben „Basis“ entwickelt wurden. Diese gemeinsame Basis ist die ISO 9001, die führende Norm im Qualitätsmanagement. Im Qualitätsmanagement geht es um die Verbesserung oder Sicherstellung der Qualität von Produkten oder Prozessen (im sog. „PDCA-Zyklus“). Und dieses Grundprinzip, systematisch und geplant an die Ermittlung und Erfüllung von Kundenforderungen (intern und extern) heranzugehen, wird auch für sämtliche HSE-Themen zugrunde gelegt.
Es handelt sich also um eine Funktion in der alle Informationen und Aufgaben für Qualität, Gesundheit, Sicherheit und Umweltthemen zentral gesteuert werden sollen. Häufig wird in diesem Zusammenhang auch von integrierten Managementsystemen gesprochen.